Meinen derzeitigen Aufenthaltsort möchte ich zunächst kurz vorstellen, denn er dürfte nicht ganz so bekannt sein wie meine bisherigen Reiseziele.
Rarotonga ist die größte der Cook Inseln, die wiederum im Pazifischen Ozean etwa auf einem Drittel der Flugstrecke von Auckland nach Los Angeles liegen (Zwischen Fiji und Tahiti). Die typische
Vulkaninsel ist fast rund, nahezu komplett von einem Riff umgeben, hat einen Durchmesser von ca. 8 km und 15 000 Einwohner. Nur ein schmaler Küstenstreifen ist besiedelt denn im Inneren der Insel
steigen die Berge bis 600 m an. Der Hauptort heißt Avarua und die Bewohner sind Maori. Der Sage nach haben ihre Vorfahren vor 700 Jahren Neuseeland besiedelt.
Bis 1965 waren die Cook Islands unter der Hoheit Neuseelands und sind jetzt ein eigenständiger Staat, aber die Einwohner sind immer noch neuseeländische Staatsbürger.
Beim Verlassen des Flugzeugs empfängt mich die vom Asien her bekannte schwülwarme Luft. Auch der vesprochene Abholdienst ist da um mich zum etwa 6 km entfernten Backpacker zu fahren. Als wir an
einer großen Wasserpfütze vorbeifahren erwähnt er, dass es gestern seit langem wieder mal geregnet hat. Hoffentlich wird der Regen nicht zum Dauerbegleiter, doch die Temperatur ist wieder T-Shirt
tauglich.
Nachdem ich meinen Rucksack in mein Zimmer gebracht habe, führt mich mein erster Gang erst mal an den Strand, der gleich ein paar Meter hinter dem Haus liegt. Aber das ist auf dieser Insel nichts
Besonderes, hier liegt ja jedes Haus nahe am Strand.
Die Gäste im Backpacker kommen vorwiegend aus Neuseeland und Australien, aber auch Kanada, England, Frankreich und Holland sind vertreten. Deutsche Urlauber begegnen mir auf der Insel kaum.
Am nächsten Tag, einem vermeintlichen Sonntag, fahre ich mit dem Bus schon früh nach Avarua, um einen der angeblich musikalisch sehr schön gestalteten Gottesdienste zu besuchen. Doch die Kirche,
gleich an der Hauptstraße gelegen, wird gerade gereinigt. Nächste Messe ist morgen um halb zehn, heißt es. Na, dann gehe ich eben auf den Markt, der gerade im Ort stattfindet. Sonntag ist Markt
und am Montag die Messe? Das kommt mir doch seltsam vor und so allmählich dämmert es mir. Heute ist nochmals Samstag. Am Samstag, 4.5. bin ich in Auckland abgeflogen und da die Cook Islands
hinter der Datumsgrenze liegen bin ich dort am Freitag, 3.5. angekommen.
Samstags Markt und sonntags Kirche, jetzt passt wieder alles. Der Markt ist ein typischer Touristenmarkt auf dem von Souvenirs bis zu Volkstanz und Musik alles geboten ist. Temperatur und
Umgebung schreien förmlich nach gekühlter Kokosmilch und ich werde auch gleich fündig. Ein freundlicher Herr hat an seinem kleinen Stand eine Kokosnuss auf seiner Kühlbox stehen. Er holt mir eine
gekühlte heraus, bohrt sie an und reicht sie mir mit Strohhalm. Als ich bezahlen will, meint er dass sie nichts kostet, er aber um eine Spende für die örtliche Schule bitte. Er ist dort Lehrer
und bessert so den wohl knappen Schuletat auf.
Auf einer Bühne singen ein paar junge Männer, begleitet von Trommeln und Ukalele die Lieder vom morgigen Gottesdienst. Anschließend führt eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen lokale Tänze vor
und zum Abschluß ihrer Vorführungen suchen sich alle Tänzerinnen und Tänzer noch einen Partner aus dem Publikum aus für einen kleinen Wettbewerb, bei dem die Besten beiden Touris einen Preis
erhalten sollen. Zielsicher nimmt mich eines der Mädchen an der Hand und ich darf mit ihr meine Version eines Maori-Kriegstanzes vorführen. Ich denke, ich habe mich ganz wacker geschlagen, aber
für das Siegerpodest hat es nicht gereicht.
Am Sonntag hole ich dann einige in der Vergangenheit versäumte Kirchenbesuche nach. Um neun bin ich in der "St. Joseph's Catholic Cathedral". Natürlich verstehe ich kein Wort, aber dem Gesang
zuzuhören ist ganz einfach schön. Und weil es so schön war, schaue ich auch noch bei der anschließend auf englisch gelesenen Messe hinein. Hier wird der Gesang von den jungen Männern elektronisch
begleitet, die ich tags zuvor schon auf dem Markt gehört habe. Ich habe zwar nicht vor noch einen Gottesdienst zu besuchen, aber als ich beim anschließenden Spaziergang an der "First Christian
Church", der ältesten Kirche auf der Insel vorbeikomme, zieht es mich auch noch dorthin. Als ich einen Blick in das danebenstehende Gemeindezentrum werfen will, weil es dort recht geschäftig
zugeht, bitten mich die Frauen gleich zu Kaffee und Imbiss herein. Ich mache ihnen aber klar, dass ich das wohl erst durch einen Kirchenbesuch verdienen muss. Doch als ich dort eintreffe, strömen
die Menschen bereits heraus. Ich schaue trotzdem noch hinein und da ich als Tourist hier leicht zu erkennen bin verwickelt mich der Pfarrer in eine längere Unterhaltung.
Die Happen im Gemeindezentrum sind natürlich schon alle weg als ich dort wieder eintreffe, aber eine Tasse Kaffee gibt es doch noch.
Das Leben auf der Insel verläuft den tropischen Bedingungen entsprechend gemächlich. Das merkt man auch auf der Straße, die Höchstgeschwindigkeit ist auf 50 km/h begrenzt und kaum jemand ist schneller unterwegs. Der Scooter (Motorroller) ist das gängige Fortbewegungsmittel vieler Einheimischer und der meisten Touristen. In einer Stunde kann man damit ganz gemütlich die Insel umrunden wenn man will oder ganz einfach an einen der vielen Strände fahren um sich im Wasser zu vergnügen.
Wer zu Fuß durch die Natur streifen will, dem stehen fünf Trekkingstrecken zu Wahl. Dienstags am späten Nachmittag marschiere ich dann auch vom Backpacker los um den kurzen Raemaru Trek auf einen kleinen Berg zu machen. Durch die häufigen Schauer der letzten zwei Tage ist der Trampelpfad stellenweise sehr aufgeweicht und die Luftfeuchtigkeit im Pflanzendickicht entsprechend hoch. Auf jeden Fall bin ich so nass als hätte ich in der Brandung gestanden, doch der Blick hinunter auf das spiegelnde Meer und das saftige Grün der Insel entschädigt.
Da ich die Tage auf Rarotonga als Erholungstage eingeplant habe, auch wenn die letzten Wochen nicht wirklich anstrengend waren, will ich das auch einhalten. Ich bin mit dem Roller unterwegs um die Insel zu erkunden, fahre in der Lagune Kajak oder schnorchle, besuche das kleine Museum, gehe am Strand spazieren oder sitze ganz einfach im Wasser. Mit dem Kajak fahre ich auch auf eine kleine Insel in der Lagune und wundere mich über zwei Hunde die dort am Strand sitzen. Wie kommen die wohl hierher? Die Antwort erhalte ich, als ich mein Boot wieder zurückbringe. Ein junges Paar hat gerade abgelegt und die Frau scheint gar nicht glücklich über den Hund zu sein, der vor ihr sitzt. Ich frage, ob das ihe Hund sei. Nein, kommt die leicht verzweifelte Antwort, der ist einfach zugestiegen. Jetzt weiß ich auch, wie Hunde auf eine Insel kommen - einfach ein Boot entern. Auch das "Jet Blasting" lasse ich mir nicht entgehen. Die Rollbahn des Flugplatzes ist auf Grund der knappen Platzverhältnisse an beiden Enden von Straßen begrenzt und wenn man dort steht und ein Flugzeug setzt zur Landung an, fliegt es den Zuschauern knapp über die Köpfe und der Düsenstrahl bläst gewaltig. Der Herr neben mir muss sein Hütchen hinterher aus dem Meer fischen, ich hatte meinen Hut wohlweislich festgebunden.
Am Samstag, mein Flug geht erst gegen Mitternacht, verbringe ich den ganzen Tag im Städtchen. Es ist wieder Markttag, doch diesmal mache ich um die Tanzbühne einen Bogen und schaue statt dessen
das Rugbyspiel an, das die lokalen "Eels" mit ungefähr 40:14 gewinnen. Auch ein Triathlon findet statt und ich stehe am Straßenrand um die Sportler, die gerade mit dem Rad unterwegs sind
anzufeuern und dabei unterhalte ich mich mit den Steeckenposten. Die Einheimischen sind meist sehr freundlich und immer zu einem Plausch bereit und sei es nur über das Wetter. Aber bei mancher
Unterhaltung erfährt man auch Interessanteres wie zum Beispiel in dem winzigen Obstverkaufsstand von Teremoana. Von den Maori-Namen ihres Obstes über Zubereitungsarten bis zur Bedeutung für die
Gesundheit ihres Angebotes erzählt sie gerne und ausführlich. Aber auch Familie, der Ur-Ur-Urgroßvater war ein deutscher Seemann, soziale Probleme auf der Insel meine Heimat und meine Reiseziele
sind Gesprächsstoff.
Das ist ein Ort, an dem ich es sicher noch länger ausgehalten hätte, wenn der Flug Richtung USA nicht schon gebucht gewesen wäre.