Schule in Bhimkhori

14. bis 29. November


Bücher für die "Shree Phokra Secondary High School" 

In Baseri habe ich schon im vergangenen Jahr erlebt, wie die Kinder, die ab und an mit einem Lehrer in die kleine Bücherei kommen, begeistert eine Stunde lang schmökern. So eine Schülerbücherei habe ich in Bhadaure vermisst und daher beschlossen, falls das Geld dazu da ist, wenigstens für die ersten Jahrgangsstufen Bücherkisten anzuschaffen. Diese Kisten können im Klasszimmer deponiert und dann je nach Bedarf für eine Lesestunde geöffnet werden. 

Nach meiner Rückkehr von  Baseri nach Kathmandu bin ich deshalb mit dem Einkauf von Kinderbüchern beschäftigt. Auf dem local market weiß ich einige kleine Buchhandlungen, doch ob die Beratung immer gut ist, kann ich nicht sagen, da mir die nepalesichen Titel der Bücher gar nichts verraten. Als ich endlich 40 Exemplare zusammen habe, wohl zumeist für die erste oder zweite Klasse, spreche ich zufällig mit Nabin, einem Freund von Ramesh über mein Vorhaben. Sofort bietet er mir seine Hilfe an, denn er hat auch die Bücher für Baseri eingekauft und weiß eine gute Buchhandlung. Der Ratna - Bookshop entpuppt sich als ein Labyrinth aus schmalen Gängen, gebildet durch hohe, vollgestopfte Bücherregale. Nach einem langen Vormittag verlassen wir den Laden bepackt mit rund 120 Büchern für 160 Euro, auf die wir auch noch 25 Prozent Rabatt bekommen. Zur Aufbewahrung habe ich mir zwar Holzkisten vorgestellt, aber nachdem die nirgends aufzutreiben sind, muss ich mich mit Blechkästchen, die ich nach langem Suchen bei einem Klempner in einer Seitenstraße finde, zufrieden geben.


Fahrt nach Bhadaure 

Die Anreise nach Bhimkhori ist inzwischen recht problemlos. Per Taxi zum Ratna-Buspark, dann mit einem Bus nach Banepa und von dort geht jetzt dreimal täglich ein Off-road - Bus Richtung Sindhuli. Von der Hauptstraße biegt der Bus dann irgendwann ab und es geht 6 km auf staubiger Schotterstraße steil bergauf. Bhadaure, mein Ziel, ist dann die erste größere Ortschaft und dort warten Mandhoj und zwei Lehrer schon seit einer Stunde auf meine Ankunft. Als ich dort an der Haltestelle, direkt hinter der Schule, meinen Rucksack und die Bücherkisten aus dem "Gepäckfach" hole, bin ich froh über die geschlossenen Blechkisten. Alles ist dick eingestaubt. Aber irgendwie gewöhnt man sich daran. Auf der Rückfahrt von Baseri war mein Rucksack IM Bus und hat genauso ausgeschaut.

Mit unserem Gepäck marschieren wir direkt ins Lehrerzimmer, wo ich von den anwesenden Kollegen freudig begrüßt werde und jeder will wissen, was denn in dem Kisten sei. Zum Spaß sage ich: "Da ist Rakshi drin." und blicke in lauter erwartungsfrohe Gesichter. Doch auch als sie die Bücher sehen zeigen sie sich sehr zufrieden mit dem Inhalt und fangen gleich zu stöbern an. Um ihnen doch noch mit Rakshi eine Freude zu machen, zaubere ich aus meinem Rucksack ein kleines Fläschchen mit Obstler. Jeder will mal an dem deutschen Rakshi riechen und das Fläschchen wandert von Hand zu Hand. Wenig später stelle ich fest, dass der Obstler verschwunden ist, und keiner weiß wohin. Ich weiß ja, dass Alkohol schnell verdunstet, aber dass er mitsamt der Flasche verschwindet, ist mir doch neu. 

Mit Mandhoj gehe ich dann nach Amalbas, etwas unterhalb von Bhadaure gelegen, wo ich wieder bei seiner Familie und im Guesthouse unterkomme. Hier ist alles beim Alten und sieht fast so aus wie vor eineeinhalb Jahren. Das neue Haus seines Bruders hat hat einen Anstrich erhalten und drei Kinder der Familien haben nach Beendigung der Schule das Dorf verlassen und sind jetzt in Kathmandu wie so viele Schulabgänger aus den ländlichen Gegenden auch.


Die Schule in Bhadaure 

Erst vor einem Monat wurde an Stelle des erdbebengeschädigten Grundschulgebäudes ein neu errichteter Trakt eingeweiht. Die englische Organisation " So The Child May Learn" hat den zweckmäßigen und soliden Bau finanziert. Eine Überraschung waren für mich die Glasfenster, die man hier auf dem Land ansonsten nicht sieht. In den sechs Räumen sind die Klassen 1 bis 5 und die Vorschulgruppe untergebracht. Die Klassen 6 bis 10 sind im Erdgeschoss und ersten Stock des Hauptgebäudes und im zweiten Stock befindet sich nun das Lehrerzimmer und das Büro des Schulleiters. Im ehemaligen Lehrerzimmer, das kleine Gebäude liegt außerhalb des Schulgrundstücks, ist die Lehrmittelsammlung und zu meiner Überraschung die neue, ebenfalls erst einige Wochen alte Schülerbücherei. Shyam hat bei einer Organisation in Kathmandu, die offensichtlich solche Wünsche nach Deutschland weiterleitet, um Geld für Bücher angefragt und prompt von einer Schule in Rottenburg a. N. die Mittel dazu erhalten. Allerdings scheint der Betrieb noch nicht angelaufen zu sein, denn die Bücher stehen noch vollkommen unberührt in den Regalen. 

Im Vergleich zu Baseri ist hier vieles besser organisiert. In jeder Klasse steht ein Behälter für Trinkwasser zur Verfügung, die Schüler sind im Wechsel zu verschiedenen Diensten verpflichtet und einmal in der Woche reinigen eingeteilte Schüler den Schulhof vom Abfall. Das habe ich in Baseri auch versucht anzuregen, doch aus verschiedenen Gründen scheint es nicht zu klappen. 

Ein halbes Jahr lang ist hier auch ein "Education Coordinator" von Global Action Nepal tätig. Er besucht und berät die Lehrer während des Unterrichts und hält auch kleine Fortbildungen ab, die ganz zwanglos am Nachmittag zur Unterrichtszeit stattfinden. 

Die vier Toiletten im Treppenhaus sind ja längst fertiggestellt, konnten aber bisher leider noch nicht in Betrieb genommen werden, da die Gemeinde, die von der Schule schon einen Vorschuss dazu erhalten hat, bisher noch keine Wasserzuleitung für die beiden 1000 Liter Tanks auf dem Dach hat anfertigen lassen. 

Der erste Schultag hier fängt genauso an wie vor kurzem in Baseri - Unterricht in Klasse 10a, hier allerdings mit rund 30 Schülerinnen und Schülern. Uper Sing bereitet mich gleich darauf vor, dass er nach Kathmandu muss und erst wieder am Sonntag zurück sein wird. Mir wird es also nicht langweilig werden, denn auch eine Kollegin die Englisch unterrichtet ist wegen eines Todesfalles länger abwesend.

Doch am ersten Schultag muss ich nachmittags um drei, Unterricht ist bis vier, das Handtuch werfen. Das große Hauptschulgebäude liegt jetzt im Schatten und in den Klassenzimmern wird es empfindlich kühl. Vormittags bin ich bei strahlendem Sonnenschein nur im T-Shirt in die Schule gelaufen und an eine warme Jacke habe ich nicht im Entferntesten gedacht.


Bücherkisten 

Damit die Bücherkisten nach der Busfahrt nicht noch ein zweites Mal im Lehrerzimmer Staub ansetzen beginne ich am Sonntagvormittag, Samstag ist hier schulfrei, mit der Verteilung. Ich starte mit den Büchern für die Klasse 2 und die mitgebrachte Blechkiste macht die Kinder sichtlich neugierig. Als die Lehrerin dann erklärt, dass Bücher drin sind die sie lesen dürfen blicke ich in lauter strahlende Gesichter. Wir breiten die Bücher am Boden aus und schön artig kommen sie dann der Reihen nach heraus um ein Buch ihrer Wahl in Empfang zu nehmen. Und dann sieht man nur noch tief in die Buchseiten vergrabene Kindergesichter, manche noch sehr angestrengt vom Entziffern der Schrift, andere anscheinend schon ganz flüssig lesend. Auf jeden Fall habe ich den Eindruck, mit diesen Büchern den Kindern eine große Freude gemacht zu haben und wenn es ein kleiner Beitrag zur Förderung ihrer Lesefertigkeit ist, dann hat sich jede Rupie gelohnt. Die Lehrerin bekommt den Schlüssel für die Kiste die in der Klasse verbleibt und hoffentlich recht oft aufgesperrt wird. 

In Klasse drei und vier verläuft die Aktion ähnlich, nur der Klasslehrer der fünften Klasse möchte zuerst eine Liste der Bücher anfertigen zur Kontrolle, falls die Schüler mal ein Buch mit nach Hause nehmen wollen.


Tamang-Hochzeit in Amalbas


Sandabir, ein Neffe von Mandhoj aus dem Nachbarhaus, arbeitet in Kathmandu in einem Hotel und hat vor kurzem dort geheiratet. Am 25. Nov. soll hier im Dorf die Hochzeit nach Tamang-Tradition mit der Verwandtschaft gefeiert werden.

Vor zwei Jahren habe ich ebenfalls hier in Amalbas eine Tamang-Hochzeitsfeier erlebt und davon berichtet, darum werde ich mich hier kurz fassen, denn der Ablauf ist gleich. Nur der Böllerschütze mit dem Vorderlader fehlt und die Musikergruppe wird durch einen großen Lautsprecher mit Musik vom Handy ersetzt.

Neben der Verwandtschaft ist natürlich auch der ganze Ort vertreten und daher muss für ca 150 bis 200 Personen gekocht und gesorgt werden. Damit alles gut klappt und der Tradition entsprechend durchgeführt wird übernimmt Chhioysang die Organisation.

Büffel schlachten, kochen und braten sowie körbeweise Brot backen und Rakshi brauen wird alles am Vortag oder schon früher erledigt und auch die ersten Besucher treffen schon ein.

Die eigentliche Feier beginnt dann gegen Mittag und während das Hochzeitspaar samt Geschwistern geduldig vor den vollen Tellern sitzt und die Segenswünsche aller Anwesenden empfängt, sind die Besucher längst sattgegessen und zum gemütlichen Teil übergegangen. Die Feier mit Musik und Tanz zieht sich bis in die späte Nacht hinein, obwohl es da schon recht kühl wird. Auch für den folgenden Tag gibt es noch reichlich zu Essen und Trinken und am übernächsten Tag verlassen die letzten Gäste das Haus.