Die ersten Tage in Kathmandu
Zufälligerweise fällt meine Ankunft in Nepal in die Festlichkeiten von Tihar.
Tihar ist neben Dashain, das vor rund zwei Wochen stattfand, im Hinduismus eines der wichtigen Feste und dauert 5 Tage. Die deutsche Bezeichnung ist Lichterfest weil an einem der Tage besonders viele Kerzen aufgestellt werden und heutzutage werden auch viele Häuser mit Lichterketten geschmückt. Jeder dieser fünf Tage hat eine besondere Bedeutung.
Der erste Tag ist der Tag der Krähe, die – ähnlich wie bei den alten Germanen – als Botin des Todesgottes angesehen wird. Dann folgt der Tag des Hundes, der seit jeher einen besonderen Platz im Leben der Menschen einnimmt. Tag drei ist der wichtigste in der Reihenfolge. Zum einen wird die Kuh, die Milch und Dung liefert, für ihren Beitrag zum Leben der Menschen geehrt. Zum andern ist dieser Tag auch der Göttin Laxmi gewidmet, die für alle Wohltaten, die sie den Menschen erweist, mit Kerzen, Rongoli (Mandala) und einer besonderen Andacht gefeiert wird. An diesem Tag gehen abends auch Kinder und Jugendliche von Haus zu Haus um zu singen und zu tanzen und eine kleine Belohnung zu kassieren. Der vierte Tag gehört dem Ochsen der heute noch auf dem Land als als Zugtier ganz wichtig ist. Am fünften und letzten Tag werden Brüder von ihren Schwestern mit Tika und kleinen Geschenken geehrt. Tika ist ein roter Punkt als Segenszeichen auf der Stirn, das übrigens auch Hunde, Kühe und Ochsen bekommen, nur die Krähen gehen da wohl leer aus.
Am Tag des Ochsen feiert die Volksgruppe der Newar auch noch zufällig ihr Neujahrsfest und Autokorsos, begleitet von Trommler und Musik, ziehen durch die Straßen. Feuerwerk gibt es zwar keines, aber Kracher scheinen recht beliebt zu sein und so wird es eine laute Nacht.
Mukesh, einer der Brüder von Gauri wird 17 . Zur Feier des Tages bekommt er eine kleine Torte und von seinen Freunden das Feuerwerk dazu.
Das Essen an Feiertagen ist zwar das gleiche wie alle Tage - Linsen, Reis und gebratenes Gemüse- aber an jetzt kommt eben noch Fleisch dazu und anderes eingelegtes Gemüse.
Ursprünglich war geplant, dass ich etwa am 12. November mit Ramesh und einigen der Guides aus Baseri in ihr Heimatdorf fahre. Leider verzögert sich die Abreise nun um etliche Tage aber ich kann die Zeit für verschiedene Aktivitäten hier in und um Kathmandu nutzen.
Vor zwei Jahren bin ich hier in Thamel mit einem Straßenhändler namens Aley Lama, der den Touristen buddhistische Amulette verkauft, ins Gespräch gekommen. Im Laufe der Unterhaltung zeigte es sich, dass er auf diese Weise auch versucht die Touristen um eine Spende für ein Waisenhaus zu bitten. Im Grunde ja ein löbliches Ansinnen und er macht es auch um sein Karma zu verbessern, aber in solchen Fällen ist ein gesundes Misstrauen immer angebracht. Per email hat er mir zwar im Laufe des vergangenen Jahres Fotos vom Waisenhaus geschickt aber das möchte ich schon gerne selbst in Augenschein nehmen bevor ich auch nur eine Rupie spende. Als ich ihn dieser Tage wieder auf der Straße treffe ist das die Gelegenheit eine Besichtigung zu vereinbaren. Gemeinsam fahren wir also an einem Nachmittag zu besagtem Waisenhaus und zur Verstärkung nehme ich noch Gauri mit, die als Nepali von den Kindern wesentlich mehr erfahren kann. Die Taxifahrt dauert eine halbe Stunde da das Haus wegen der günstigen Mieten am Ortsrand von Kathmandu liegt. Wir werden vom Leiter, Mr. Ganesh Nepali, freundlich empfangen und bekommen zunächst den obligatorischen Tee serviert. Alles macht einen ordentlichen Eindruck, wir sehen die Räumlichkeiten der 25 Kinder verschiedenen Alters und treffen eine Gruppe von Kindern im Wohnzimmer von Mr. Nepali vor dem Fernseher an. Die Kinder machen einen zufrieden Eindruck und äußern sich durchwegs positiv über ihr Zuhause und so steht einer kleinen Spende aus meiner privaten Kasse nichts im Wege. Als wir bereits abfahren wollen kommt ein Junge noch mit einer Bitte auf mich zu. Da die Buben offensichtlich alle sportlich sehr aktiv sind wie die vielen Urkunden an den Wänden belegen, scheint der Verschleiß an Fußballschuhen recht groß zu sein, denn sechs von ihnen benötigen wohl neue. Also verspreche ich die nächsten Tage nochmals zu kommen um mit Ihnen Schuhe zu kaufen.
Mein zweiter Besuch mit Aley Lama im Waisenhaus verläuft allerdings anders als geplant. Die Kinder kommen so spät aus der Schule zurück, dass wir es nicht mehr schaffen in das entfernt liegende Schuhgeschäft zu laufen. Ich hinterlasse das Geld für die Schuhe, ca. 50 Euro, und bitte Ganesh Nepali mir dann Fotos vom Einkauf zu schicken. Schau mer mal (-;
Auch meine drei Patenkinder aus Baseri, die Geschwister Manisha, Anisha und Susil, die hier zur Schule bzw ins College gehen, möchten mit mir zum Einkaufen gehen. Sie haben hier gemeinsam ein Zimmer und schlafen zu dritt in einem Bett aber ihre alte wollene Bettdecke ist für die kalte Jahreszeit zu dünn und sie frieren nachts. Also stöbern wir für ein paar Stunden gemeinsam durch den „local market" und schleppen dann eine große Steppdecke für rund 20 Euro in ihr Zimmer. In den kommenden kalten Nächten sollten sie nun nicht mehr frieren müssen.
Sabin aus Baseri begleitet mich zum Kauf der Zahnbürsten. Für 220 Stück bezahle ich rund 80 Euro. Damit wir nicht unnötigen Abfall nach Baseri tragen, packen wir noch alle aus.